Japan 2018

29.10.2018

Heute beginnt das Abenteuer Mietwagen. Die am nahe gelegene Autovermietung vermietet leider nur an Japaner, also weiter bis zum Flughafen und ein neuer Versuch. Hier scheint man auch Ausländern offen und nach einer Kopieorgie von Ausweis, Führerschein und Übersetzungen halte ich den Autoschlüssel von einen Kleinstvan in der Hand. Der Vermieter ist dann auch schon weg, Einweisung gibt es nicht und ich sitze staunend auf der falschen Seite im Auto. Aufgrund des Zeitdrucks um die traditionelle Trommel- und Tanzvorstellung der Insel zu sehen, bleibt nix anderes übrig, als unter, fast schon hysterisch Lachsalven, das Auto im Linksverkehr zielsicher über die Insel zu steuern.

Die traditionellen Tänze und Lieder sind so beeindruckend wie im letzten Jahr und verwandeln meine Haut in die einer Gans. Nach der Veranstaltung steht eine Taiko im Raum und drängt sich schier auf, geschlagen zu werden. Danach folgen weitere Sehenswürdigkeiten wie Wasserfall, Fußbad, verschiedene Tempel und Schreine, Souvenirsläden und eine abenteuerliche Rundfahrt über den südlichen Teil der Insel, welcher mir noch unbekannt war.

Der Tagesausklang findet im ISSARA statt, einem thailändischen Restaurant, direkt in der Nähe. Hier gibt es super leckeres Essen und Gäste, für welche die japanische Gastfreundschaft noch eine wichtige Bedeutung hat.

30.10.2018

Nachdem ich nun mit dem kleinen Auto und dem Linksverkehr erstaunlich gut klar komme, stand heute Sightseeing Teil 2 auf dem Plan. Besichtigung des Lavastrandes bei herrlich hohem Wellengang. Denkmal von Ukita Hideie und Go-Hime https://samurai-world.com/ukita-hideie/ Besichtigung des Yokohama Strandes aus welchem die Riceball Steine stammen, mit welchen viele Mauern auf Hachijojima gebaut sind. Besichtigung des historischen Museums, welches zu Beginn des Jahres leider zu großen Teilen abgebrannt ist. Besichtigung verschiedener Tempel und Schreine, Besichtigung des Hachijo Visitor Centers und des Kyon. Hachijo Taiko Session am Meer und als Tagesabschluss eine kleine Rundfahrt um den Hachijo-Fuji. Für eine Besteigung hat leider die Zeit nicht mehr gereicht, den 17:00 Uhr musste ich mich wieder von meinem kleinen Suzuki trennen.

31.10.2018

Heute war Reginas Abreisetag aus Hachijojima. Also waren wir am Vormittag noch in verschiedenen Geschäften Souvenirs kaufen und anschließend hat uns Yoshio noch einmal um den Hachijo-Fuji gefahren bis es Zeit für さようなら wurde. Anschließend bin ich allein noch etwas über die Insel geschlendert und bin nun gespannt, was die nächsten Praktikumstage bringen werden.

01.11.2018

Der zweite Arbeitstag bei ちょんこめ作業所. Es war heute bereits eine Routine zuerkennen. Ich wurde nach etwas holpriger Überlegung dem Außentrupp zugeordnet, welcher heute die Aufgabe hatte am Sokodo-Port mehrere Blumenbeete von den verblühten Blumen zu befreien. Als Dokumentation wurde das Objekt einmal vor und einmal nach erledigter Arbeit fotografiert.Danach gab es wieder Mittagessen, gefolgt von kollektiven Zähneputzen und den täglichen Reinigungsarbeiten. Heute habe ich mit zwei weiteren Frauen den Parkettboden mit jeweils einem kleinen Lappen gereinigt. Nachdem mein Lappen nach dem ersten Quadratmeter bereits dunkel gefärbt war und es wieder keine Möglichkeit der Zwischenreinigung gab, hege ich inzwischen leichte Zweifel an der Effizienz dieser Aufgabe. Am Nachmittag stand Gymnastik auf dem Tagesplan. Wir fuhren, aufgeteilt auf etwa fünf Mini-Busse in eine nahe gelegene Halle. Gymnastik und verschiedene Spiele, bei dem alle viel Spaß hatten stand auf dem Programm.

Da heute Donnerstag ist, fand am Abend wieder Yosarekai Hachijo Treffen statt. Im Moment trainieren die Kinder intensiv für ein Projekt mit Eitetsu Hayashi. In der letzten Stunde hatte ich auch kurz die Gelegenheit die Taiko zu schlagen und wurde von Yoshio-San in wesentlichen Punkten meiner Technik korrigiert. Nach dem Schlagen der Taiko, habe ich mir den Zusammenhang der unterschiedlichen Gruppen auf Hachijojima erklären lassen.

02.11.2018

Der dritte Arbeitstag bei ちょんこめ作業所. Der Tagesablauf wird übersichtlich. Ich werde wieder dem Außentrupp zugeordnet, die Aufgabe am Sokodo-Port mehrere Blumenbeete von den verblühten Blumen zu befreien geht weiter. Ich glaube ich bin auf Wunsch eines älteren Japaners in dieser Gruppe, der es, obwohl schweigsam, wohl mag mit mir zusammen zu arbeiten. Bis zum Mittagessen haben wir die Beete an zwei Standorten leer und die Blumen in einem Waldstück, quasi auf einem riesigen Komposthaufen entsorgt. Beim Mittagessen finde ich ein paar seltsame Knollen auf meinen Tablett. Ich frage nach und erfahre, dass es sich um eine Art japanischer Kartoffel handelt. Die Knollen müssen geschält werden und es kommt eine etwas schleimige, ziemlich fad schmeckende Fruchtfleischkugel zu Tage. Durch meinen Mut zu kosten wecke ich Begeisterung und da es erträglich schmeckt, verputze ich alle vier Früchte.

Nach den Essen folgt wieder kollektives Zähne putzen und die täglichen Reinigungsarbeiten. Ich ergebe mich meinen Schicksal und suche meine Putzchefin freiwillig auf, um mit dem viel zu kleinen Lappen zwischen den Bürostühlen der Angestellten zu kriechen. Die Effizienz der Aufgabe stelle ich nun definitiv in Frage, aber ich bin nicht der Einzige der auf den Knien rutscht und ernte Dankbarkeit und Respekt. Am Nachmittag steht, wohl da Freitag, wieder Musik machen und Beethovens 9. Symphonie auf dem Programm. Wir schauen erst ein Video des Konzertes vom letzten Wochenende. Es versetzt mir schon fast eine Gänsehaut, zu beobachten, wie gespannt alle dem Gesang lauschen und leise die deutschen Strophen voller Begeisterung mitsingen. Den Tag beschließe ich mit Reinas fantastischem Dinner.

03.11.2018

Wochenende. Nachdem die Jugendgruppe, welche auch hier übernachtet, sehr spät dann doch noch eingeschlafen ist, konnte auch ich gut schlafen. Japanische Häuser sind schons ehr hellhörig. Und alle Texte über rücksichtsvoller Japaner kann man getrost vergessen. Es ist nun die zweite Gruppe die ich hier erlebe, und egal ob jung oder alt – Japaner können respektlos laut und unangenehm rülpsend, furzend und in der Gegend herum brüllend sein…Das Frühstück begann mit Natto. Wer es liebt, liebt es. Wer es hasst, hasst es. Wer es noch nicht kennt, sollte es schleunigst probieren. Jeder Japaner bestätigt dir, es ist gut für deine Gesundheit. Also war ich tapfer und habe fast die ganze Schüssel geschafft. Belohnt wurde ich mit Regenwetter.

Um dem Wetter eins aus zu wischen bin ich entschlossen zur Autovermietung. Auf den Weg dahin bin ich bei dem Haus eines Beschäftigen der Einrichtung vorbei gekommen. Als Deutscher wirst du hier sofort erkannt. Gestern war es der Leuchtschwert Träger an einer Baustelle, der mir ausgerichtet hat, das ich gesucht werde, die Mutter des Beschäftigen heute, wollte mir mit einem grünen Tee und einen Reiscracker für mein Hier sein danken. Der Beschäftigte, leider ist mir sein Name entfallen, war hingegen weniger begeistert, dass ich nun auch am Wochenende plötzlich neben ihm saß. Ein Verhalten welches ich auch aus meinem Alltag kenne, wenn ich nach Feierabend Beschäftigten meiner Werkstatt begegne. Nur mit Mühe konnte ich den Regenschirm ablehnen, welchen ich plötzlich mehrfach aufgedrängt bekam. Aber nun schnell weiter zur Autovermietung. Eine lange Schlange an Touristen lässt mich weiter im Regen stehen. Bis ich an der Reihe bin, plane ich mein Handy mit dem Satz, dass ich bereits Anfang der Woche erfolgreich ein Auto gemietet habe, zu füttern. Und tatsächlich gelingt es mir das ablehnende Kopfschütteln nach der Frage ob ich reserviert habe, mit meinem Smartphone zu stoppen und kurze Zeit später sitze ich wieder auf der Beifahrerseite hinter dem Lenkrad. Nach einem kurzen Abstecher nach 大潟浦園地 ans Meer, beschließe ich dem wieder beginnenden Regen zu entfliehen und ein Fußbad zu nehmen. Den Blick auf den Pazifik und die Füße im heißen Wasser steigt die Laune sofort. Da es nicht wirklich aufhören möchte mit regnen, versuche ich teils mit Erfolg, teils erfolglos verschiedene Sehenswürdigkeiten anzusteuern. Mein Mittagessen nehme ich in einem schönen Soba Restaurant zu mir. Da ich die Karte eh nicht lesen kann, bestelle ich aus dem Stehgreif Soba Tempura mit Ashitaba. Die Bedienung notiert, stellt zwei Fragen, die ich nicht verstehe aber japanisch brummend bestätige und kurze Zeit später steht tatsächlich das gewünschte Essen vor meiner Nase. Zum Abschluss des Tages beschließe ich, das es Zeit wird, dass erste Mal in diesem Urlaub ins Onsen zu gehen. Während ich das heiße Wasser und die bereits dunkle Natur genieße, merke ich dass man ohne funktionierende Sprachkenntnisse nicht wirklich integriert ist. Zwar geben sich alle Bekannten und Unbekannten ganz viel Mühe, dass man problemlos durch den Tag kommt, und die, denen das egal ist, blenden mich als Ausländer einfach aus und tun als ob ich ihren Alltag nicht stören würde, aber ein normaler ungezwungener Kontakt ist kaum möglich.

Nach dem Onsen fahre ich zu einer High School. Hier findet jeden Samstag Hachijodaiko Praxis statt. Ich verstehe noch nicht, warum es, selbst auf so einer kleinen Insel verschiedene Taiko Gruppen gibt, die aufgrund eigener Philosophie nicht wirklich zusammen arbeiten. Und da ich es unhöflich finde, unangemeldet irgendwo rein zu platzen, lausche ich wenigstens von außen und durchs Fenster schauend den Klängen der Taiko und fühle mich schlagartig zu Hause.

Inzwischen weiß ich, dass die unterschiedlichen Taiko Gruppen mit den jeweiligen Stadtteilen der Insel zu tun haben. So haben sich, so klein die Insel auch ist, nicht nur unterschiedliche Dialekte der Sprache, sondern eben auch unterschiedliche Philosophien im Schlagen der Taiko entwickelt.