Level 2 oder „Auch in Japan fällt mal ein Affe vom Baum“

Okay, ich gebe zu, diese Überschrift verstehen in vollem Umfang auf dieser Erde wohl höchstens zwei weitere Menschen. Aber egal, die werden ihre Freude damit haben.

Machen wir weiter mit Level 2.

Nach einer etwas unruhigen Nacht, in welcher ich die Zeitumstellung verschlafe und diese auch am nächsten Tag, der eigentlich aus zwei Tagen besteht, nicht sofort realisiere, stehe ich auf dem Frankfurter Airport.

Bei der ganzen Aufregung, ja nicht gegen die Spielregeln zu verstoßen, ist der Check-in und das Boarding recht unspektakulär. Alle geben sich mit einem kurzen Blick auf meinen blauen Smartphone Screen zufrieden.

Allerdings benötige ich diesen blauen Screen auch für meine weiteren Flüge, wie sich mir heute erschlossen hat. Es bleibt also spannend und das Abenteuer PCR Test geht doch mehrfach weiter und stresst mich zugegebener Weise etwas.

Am Gate treffe ich einen Mann der zum ersten Mal nach Japan reist, vielleicht auch das erste Mal überhaupt fliegt und mich mit seiner Art, die Boarding Regeln nicht verstehen zu wollen oder zu können, beeindruckt.

Zuerst steht er 1,5 Stunden vor dem Boarding schon geduldig ungeduldig (ja, man kann tatsächlich beides gleichzeitig sein) in der Schlange, die noch nicht vorhanden ist, um später, mit seiner Boardingkarte Klasse 4, den Kopf der First Class Schlange zu bilden, um so dass Flughafen Kastensystem ad absurdum zu führen.

Vereinzelte Passagiere werden noch vor der First Class aufgerufen, wobei nur die japanischen Bürger die Höflichkeit Floskel Sama verdienen.

Herr Prescher Sama wartet geduldig auf das Boarding der 4. Klasse und findet seinen gemütlichen Platz direkt in der Mitte des Flugzeugs – quasi im Herzraum.

Der Flug selbst ist unspektakulär, der Pilot entscheidet sich die politische Situation berücksichtigend für eine Route über die Türkei, Kasachstan, Mongolei und China nach Japan und zwei Turbulenzen schütteln das Essen in unseren Bäuchen durcheinander.

Mir geht Einstein durch den Kopf. „Zeit ist relativ“ ist eine Theorie, welche im Flugzeug für mich sofort spürbar wird. Ich sitze kaum auf meinem Platz, befinde ich mich gefühlt schon in lokal japanischer Zeit. Das Mittagessen wird zu einem Nachtessen, nach welchem ich Musik hörend, erneut in einen unruhigen Schlaf falle.

13 Stunden sind so zwar anstrengend, aber nicht als 13 Stunden spürbar.

Nach der Landung in Tokyo geht es erst mal im Listenmodus weiter, blauen Screen zeigen, QR-Code scannen, Pass- und Zollkontrolle und schon stehe ich vor dem Geldwechselschalter und anschließend im Supermarkt um meinen ersten Ocha und ein erstes Lachsonigiri zu kaufen und zu genießen.

Gestärkt geht es weiter in den Zug und nach Hamura.

Es fühlt sich ein wenig sentimental an und ich komme mir vor, als wäre ich erst letzten Monat hier abgereist. So viele bekannte Orte, die mit schönen Erinnerungen verknüpft sind und tatsächlich liegen 3 lange, ereignisreiche Jahre dazwischen.

So kompliziert der Kontakt mit Japanern und das Land mit seinen vielfältigen Regeln manchmal sein kann. Am Abend ist das erste von wahrscheinlich drei Taiko Trainings bei meiner befreundeten Gruppe Wadaiko Beat unter Yuji Utsukis Leitung.

Ich fahre drei Stationen mit dem Zug um festzustellen, dass ich in der Aufregung meine Bachi im Hotel habe liegen lassen, aber an Trommelstöcken herrscht kein Mangel und das Training ist angenehm strukturiert, so wie ich Taiko von Anfang an kennengelernt habe. Eine halbe Stunde Trommeln ausladen, Streching, Basis Technik Übungen auf Rechts und Links und dann Wiederholung des Stückes Beat und dem Odaiko Stück, welches ich 2018 hier in Japan gelernt habe und danach wieder eine halbe Stunde Trommeln einladen.

Ich finde es schön, dass Yuji seinen Unterricht mit ähnlicher Methode und Struktur aufbaut, wie ich.

Als Krönung des Tages treffe ich tatsächlich Ito San wieder. Er hat zwar nicht wirklich eine Erinnerung an mich, aber immerhin war er der erste Japaner, durch den ich den Stil des Hachijodaiko kennengelernt habe, auch wenn mein Weg heute, ein ganz anderer geworden ist.

Fotos gibt es leider keine vom Training. Ich kann nicht trommeln und fotografieren gleichzeitig.

Morgen folgt das nächste Training, aber erst einmal ausschlafen.