Okinawa

Nun beginnt sie also, meine erste Reise nach Okinawa.
Ich lande in Naha und da ich die ersten drei Tage hier verbringen werde, bevor ich die Nachbarinseln besuche, suche ich mir eine Unterkunft in der Nähe des Flughafens. Ein kleines Apartment wird für diese Tage mein Zuhause.
Am ersten Tag erkunde ich zunächst die nähere Umgebung, die, da es sich um das Hafengebiet handelt, recht unspektakulär ist.
Mein erstes Ziel ist der Naminoue Shrine.

Shisa und Tsuboya

Und hier treffe ich ihn heute zum ersten Mal. SHISA
Er wird mein Begleiter für die nächsten Stunden sein, denn ich steige in einen Bus und fahre nach Tsuboya. Für mich als Töpfer wohl das wichtigste Ziel hier in Naha.
Tsuboya ist ein kleiner Stadtteil, etwas mehr als eine Straße, in dem die Stadt Okinawa die Keramik der Insel besonders fördert.
Töpferei an Töpferei reiht sich in dieser alten Straße aneinander und mindestens in jeder werden Shisa-Figuren in allen Größen hergestellt.

Es gibt verschiedene Theorien über Okinawa Shisa. Sie soll von den Löwenstatuen der altorientalischen Zivilisation (3200 v. Chr. – Ende des 4. Jh. v. Chr.) abgeleitet worden sein. Löwenstatuen wurden als Symbole der Macht und Heiligkeit verehrt und in Palästen und an anderen Orten ausgestellt.
Auch die ägyptische Sphinx ist ein vom Löwen abgeleitetes Symbol.

Im Gegensatz zum japanischen Festland, wo die Löwen über die koreanische Halbinsel eingeführt wurden, kamen die Löwen direkt aus China nach Okinawa.
Als der Handel entlang der Seidenstraße blühte, wurde der Löwe in Zentralasien „SHE“ genannt.
In China wurde das Fremdwort „shi (SHE)“ durch Hinzufügen des Zeichens „lion“ in der Aussprache von „shishi“ zu „shisa“ geändert.

Shisa gibt es in unterschiedlichen Körperhaltungen:

  • Hoya (kriechender Typ) Shisa: „Hoya“ bedeutet „kriechen“ in der Okinawa-Sprache.
    Es zeichnet sich durch eine bedrohliche Haltung aus. Es hat die Bedeutung eines Talismans, um Katastrophen und Monster abzuwehren.
  • Sitzende Shisa: Es zeichnet sich durch sein würdevolles Aussehen aus. Es soll Glück bringen
  • Tama Einladung Shisa: Eine Figur, die einen Ball hält. Jade = soll Familie, Freunde und Eigentum schützen

Shisa wird oft als Paar dargestellt. Die rechte Figur hat meist den Mund geöffnet und wird in einigen Theorien als der männliche Teil angesehen, der böse Geister abwehren soll. Die linke Shisa ist die weibliche Figur, die mit geschlossenem Mund die gute Stimmung halten soll.

Makishi Markt

Von den vielen Läden wird man natürlich müde, was liegt also näher, als noch mehr Läden zu besuchen. Denn der Makishi-Markt ist nur einen Shisa-Sprung entfernt.

Burg Shuri

Die Burg Shuri befindet sich im Stadtteil Shuri. In der Edo-Zeit residierten dort die Shō, Herrscher über das Königreich Ryūkyū, das heutige Okinawa.

Nach weitgehenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Burg bis 1992 aufwendig rekonstruiert. Am 31. Oktober 2019 vernichtete ein Großbrand die wichtigsten Gebäude des UNESCO-Welterbes vollständig. Aktuell ist man dabei diese Gebäudeteile wieder zu rekonstruieren.

Yomitan

Von Strand zu Strand

Am zweiten Tag besuche ich Yomintan. Es liegt etwa eine Stunde Busfahrt von meiner Unterkunft in Naha entfernt.
Und da ich mich an diesem Tag gegen einen Mietwagen und für den Bus entschieden habe, liegen viele Kilometer Fußmarsch zwischen den einzelnen Strandabschnitten. Das hat aber den Vorteil, dass ich genügend Zeit habe, diese Schönheit immer wieder auf mich wirken zu lassen, ohne vollständig überwältigt zu werden.

Urasoe Castle Ruins

Heute, an meinem letzten Tag auf der Hauptinsel Okinawa, besuche ich die Ruinen der Burg Urasoe. Eine Festung mit bemerkenswerter Geschichte, wie man bei Wikipedia nachlesen kann.
Aber neben all diesen interessanten Geschichten überkommen mich an diesem Ort noch ganz andere Gefühle und Gedanken.

Die Faszination, die Japan auf mich ausübt, habe ich noch nicht ganz ergründet. Von einigen japanischen Freunden habe ich schon gehört, dass ich manchmal wie ein Japaner denke. Der Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Japan macht mich immer sehr betroffen und hier auf dem Gipfel des Hügels fanden im 2. Weltkrieg auch erbitterte Kämpfe zwischen Japanern und Amerikanern statt.
Als die Amerikaner den Gipfel des Hügels erklommen, stießen sie auf heftigen Widerstand der Japaner und mussten sich unter großen Verlusten zurückziehen.
Desmond Doss, ein amerikanischer Arzt, der aus religiösen Gründen den Kriegsdienst verweigerte, rettete in dieser Schlacht viele Menschenleben, ohne selbst zur Waffe zu greifen.

Lässt man den Blick von diesem Ort aus in die Ferne schweifen, dann sieht man die Landebahnen der aktuell noch betriebenen Waffenstützpunkte der Amerikaner. Und überhaupt ist diese Militärmacht auf Okinawa deutlich spürbar.
Ich habe wenig Ahnung von Politik und möchte auch nicht beurteilen, wie die japanisch-amerikanischen Beziehungen im Detail aussehen. Amerika wird Okinawa als Stützpunkt wegen der Nähe zu Russland und China nicht so schnell aufgeben. Und in Japan gibt es immer wieder Bestrebungen, den „Pazifismus-Artikel“ 9 der Verfassung, in dem Japan „für alle Zeiten auf den Krieg als souveränes Recht der Nation und auf die Androhung oder Ausübung von Gewalt als Mittel zur Beilegung internationaler Streitigkeiten“ verzichtet, außer Kraft zu setzen.

Starke Emotionen überwältigen mich auf dem Hügel der alten Burg. Die Energien der Kämpfe und des Krieges scheinen hier noch aktiv zu sein.
Es scheint, als ob der Mensch noch kein Interesse an einem friedlichen und liebevollen Zusammenleben auf der ganzen Welt hat.

Wolfsbräu

Von hier aus führt mich mein Weg noch einmal ans Meer, um den Kopf von all den Gedanken frei zu bekommen, und dann zu einer deutschen Kleinbrauerei in Naha. Im Stadtteil Shuri hat ein deutscher Bierbrauer seine eigene Brauerei gegründet und bietet hier nun verschiedene Craft-Biere an, die nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut werden.

Abschied und Eisa

Von hier aus gehe ich zu Fuß zu meiner Unterkunft zurück. Wieder heißt es Abschied nehmen. Es gibt hier sicher noch viel zu entdecken. Schließlich ist Okinawa das Zentrum des Karate. Und mit Wasser- und Tauchsport könnte man auch noch viel Zeit verbringen.

Für mich als Trommler verabschiedet sich Okinawa passend mit dem traditionellen Volkstanz „Eisa“.