Taiko Energie

Ich versuche an dieser Stelle einmal die traditionelle japanische Schüler – Lehrer Beziehung, ohne dass ich den Anspruch erhebe, diese selbst voll verinnerlicht zu haben, auf meinen Taiko-Weg zu legen.

Peter Su Markus, war für mich ein hervorragender Lehrer und ich bedauer seinen frühen Tod und somit nicht länger sein Schüler gewesen sein zu können.
Peter hat immer sehr viel Wert auf sein traditionelles Verständnis innerhalb der Vermittlung von Inhalten gelegt und mittlerweile denke ich, dass viele, mich eingeschlossen, diese Wertevermittlung nicht wirklich verstanden haben, da sie das Thema Tradition immer auf das Taiko selbst, bzw. die Taiko Stücke, aber nicht auf die Art und Weise der Vermittlung bezogen haben.

Unter Berücksichtigung der traditionellen Gruppenpyramide bestehend aus Sensei – Senpai – Kohai, dessen grobe Struktur im Hagurumadaiko Dojo durchaus zu erkennen war, die aber bereits daran scheiterte, dass selbst Peter sich nicht als einen Lehrer für traditionelles Taiko verstanden hat, sondern nur als einen Vermittler traditioneller Inhalte, für mich selbst Peter aber durchaus die Sensei Rolle eingenommen hat, hätte ich wohl, ohne Peters Erlaubnis, nie ein eigenes Dojo eröffnen dürfen, geschweige denn Unterricht anbieten.
Der Tradition folgend hätte ich damit mindestens warten müssen, bis Peter mich in den Stand eines Senpai und darüber hinaus aufgenommen hätte. Da es im Taiko keine Graduierungen wie in den traditionellen Kampfkünsten gibt, war für mich nicht ersichtlich ab welchem Zeitpunkt und ob überhaupt ich mich in der Rolle eines Sempai befunden habe oder nicht.
Spätestens ab den Situationen, dass ich als Mitglied von Haguruma Daiko bei dem Unterricht seiner Auftrittsgruppe dabei sein konnte, seine ausführlichen Texte und Bücher mit Korrektur lesen durfte, sich unsere Beziehung für mich eher als väterlicher Freund anfühlte und er bei Workshops Teile des Unterrichts an mich abgegeben hat, habe ich mich eventuell auf einer höheren Stufe in seiner Gruppenpyramide befunden.

In meinem eigenen Dojo ist diese Gruppenpyramide der Trommler, die regelmäßig in meinem Dojo die Taiko schlagen, recht übersichtlich.
Das liegt in erster Linie daran, dass die Räumlichkeiten sehr begrenzt sind und 4 – 5 Trommler, plus mich als Vermittler in meinem Dojo, die räumliche Kapazität vollständig ausfüllen.
Außerdem habe ich mein Dojo nie in eine große, kommerzielle Auftritts orientierte Richtung aufgebaut.
Ich verfolge den Weg, dass vor einer öffentlichen Präsentation eine gewisse stabile Basis an Technik vorhanden sein muss, um der Energie der Stücke meines Repertoires gerecht zu werden.

als

Praxisbeispiel


Ich möchte in dem Stück Yatai Bayashi nicht auf Grund fehlender technischer Fähigkeiten, die 16tel Wirbler durch 8tel DoKo ersetzen, nur weil niemand sauber Wirbler in hoher Geschwindigkeit auf die Trommelhaut umsetzen kann.

Notenausschnitt aus Yatai Bayashi


In unserer heutigen schnelllebigen Zeit, in der das Trommeln gern als Hobby zum Ausgleich für einen eintönigen Arbeitsalltag betrieben wird, zeichnet sich aber ab, dass vielen Personen das Durchhaltevermögen zum Erreichen eines bestimmten Leistungslevel fehlt und sie sich vorher lieber wieder einem anderen, neuen, faszinierenderen Hobby mit leichter zu erreichenden Zielen zuwenden.
Dadurch kommen diese Personen leider nie in den Genuß die Qualität eines gemeinsam beschrittenen Weges und der Werte, die sich hinter dem gemeinsamen Trommeln verbergen, zu entdecken.
Peter Su Markus zitierte oft die Aussage, dass für das japanische Taiko 80% harte Übung und nur 20% Talent notwendig sind.
Und so angenehm es als Vermittler ist, talentierte, rhythmusbegabte Teilnehmer im Taikotraining zu haben, für mich ist es noch angenehmer, wenn ich einen Teilnehmer habe, der nicht so talentiert ist, bei dem ich aber die Motivation erkennen kann, sich mit Inhalten auseinanderzusetzen, regelmäßig zu üben, regelmäßig zum Training zu erscheinen, etc.
In meiner Gruppenpyramide ist dieser Teilnehmer wesentlich höher gestellt, als jemand dem es leicht fällt neue Dinge zu lernen und umzusetzen und der aber dagegen jedes 2. oder 3. mal beim Training fehlt.

Darüber hinaus ist es mir sehr wichtig, dass die Trommler meines Dojo sich als Gemeinschaft zusammenfinden – unabhängig ihrer jeweiligen technischen Fähigkeiten. Mein Ziel ist es nicht, mit vielen Stücken auf allen möglichen Bühnen zu stehen, sondern die Trommler sollen zusammen in einem Stück ankommen, sollen es verinnerlichen, den geschichtlichen oder ideelen Wert des Stückes erkennen und nach Möglichkeit flexibel jede vorhandene Stimme des Stückes an der Taiko schlagen können.
Ein Taikostück kann seine Energie nur voll entfalten, wenn die Trommler im Rhythmus sicher sind und die Trommler sich untereinander, respektvoll mit ihren Stärken und Schwächen gut kennen. Und dann strahlen auch Taiko Präsentationen eine kraftvolle Energie zum Publikum.


Ich versuche in meinem Dojo meine Erfahrungen, die ich über die Jahre sammeln konnte, genauso weiter zu geben, in der Hoffung, dass die Trommler, welche bei mir regelmäßig die Taiko schlagen, dieses Wissen und diese Inhalte aufnehmen, in sich und ihren Körpern selbst nachvollziehen lernen und mit eigenem Sinn und Inhalt füllen.


Die Taiko kann nur das an Energie zurückgeben, was wir ihr an Energie selbstlos zur Verfügung stellen!

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